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Stand.punkt
«Die Volumen der Holzbauten sind innerhalb weniger Jahre stark gewachsen»
Inwiefern nimmt die Architektur von Holzgebäuden Einfluss auf die Ressourcenverfügbarkeit des Rohstoffs Holz? Und werden heutzutage Architekturstudierende angemessen auf das Planen von Holzgebäuden vorbereitet? Darüber sprachen wir mit Robert Schmidlin, seines Zeichens Architekt, Gesamtleiter der Kost-Gruppe in Küssnacht (SZ) und Vorstandsmitglied der Lignum Schweiz.
Interview Susanne Lieber | Foto zVg
Herr Schmidlin, Sie sind seit 2022 im Vorstand der Lignum. Welche Aufgaben umfasst dort Ihre Arbeit?
Ich vertrete die Anliegen der Direktmitglieder aus der gesamten Holzkette und treffe deren jeweilige Vertreter zwei- bis dreimal pro Jahr. Ich informiere sie über die aktuellen Themen der Lignum, wobei Projekte besprochen und Schwerpunktthemen gesetzt werden. Das trage ich dann in den Vorstand weiter. Unsere Gruppe fungiert sozusagen als Echoraum, in dem Inputs und Anliegen deponiert werden können. Alle Vertreter sollen die Möglichkeit haben, wichtige Themen bei der Lignum zu platzieren, und wissen, was die Themen der anderen sind. Das fördert den Zusammenhalt der verschiedenen Branchen innerhalb des Verbands, der sich nur weiterentwickeln kann, wenn alle am selben Strang ziehen.
Welche Themen beschäftigen Sie zurzeit bei der Lignum besonders?
Mich beschäftigt der Umgang mit unseren Ressourcen, allen voran Holz. Ich trete für eine sinnvolle Nutzung dieses nachwachsenden Rohstoffs ein, den wir in der Schweiz zwar zur Genüge haben, aber wir müssen ihn richtig einsetzen. Das ist auch der Grund, warum wir uns für den ressourcenschonenden Rahmenbau stark machen. Grundsätzlich sollten Baustoffe, egal welcher Art, immer gezielt und funktionsbezogen genutzt werden.
Hat sich denn der Umgang mit der Ressource Holz in den letzten Jahren verändert?
Ja, sehr sogar. Die Volumen der Holzbauten sind innerhalb weniger Jahre stark gewachsen. Grössere Volumen bedeuten: grössere Spannweiten, grössere Lasten, komplexere statische und bautechnische Anforderungen. Grosse Bauten benötigen immense Rohstoffmengen zur Produktion von Halbfabrikaten, also Grossformatplatten CLT, die verbaut werden. Die Vorteile der CLT-Platten: Der Vorfertigungsgrad ist hoch, das Bautempo ist schnell, die statischen Eigenschaften sind sehr gut. Aufgrund dieser Faktoren ist diese Bauweise gerade in den EU-Ländern sehr beliebt. Nicht zuletzt deshalb, weil sie weniger handwerkliches Know-how – an dem es in anderen Ländern oft mangelt – voraussetzt. Die Nachteile des Holzplattenbaus: Der Ressourcenbedarf ist sehr hoch, und aufgrund der grossen Nachfrage steigen die Preise für Holz und die entsprechenden Verbindungsstoffe.
Wo sehen Sie den grössten Handlungsbedarf, um die Holzbaubranche innerhalb der Lignum stärken zu können?
Wir müssen das Verständnis füreinander weiter ausbauen, um uns gegenseitig in die Karten zu spielen. Das geht nur, wenn die verschiedenen Player die Anliegen der anderen kennen. Ausserdem müssen wir unseren Nachwuchs intensiver fördern und uns immer wieder neu erfinden, um die jungen Leute für den Beruf Zimmermann/Zimmerin zu begeistern. Die Förderung darf dabei nicht einfach nach der Lehre enden, denn unsere Branche benötigt Konstrukteure, Holzbautechniker und Ingenieure.
Werden Ihrer Ansicht nach Architekturstudierende angemessen auf das Entwerfen und Konstruieren mit Holz vorbereitet?
Dem Holzbau sollte im Studium mehr Beachtung geschenkt werden. Es ist wichtig, dass sich Architekten mit den Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten von Holz auskennen – und verstehen, dass die Planung von Holzbauten anders funktioniert als bei Massivbauten. Vieles muss bereits in einer frühen Planungsphase definiert werden, zum Beispiel was die Lastenabtragung und die Versorgung der Gebäudetechnik angeht. Spätere Veränderungen sind bei einem Holzbau meistens mit grossem Aufwand verbunden. Auch die Vorteile von Holzbauten müssen gesamtheitlicher betrachtet werden, zum Beispiel dass wir hier mit modernster Technologie wieder «traditionelle» Ansätze verfolgen können. Früher, als Material teuer und die Arbeit günstig war, wurden Holzbauten demontiert und die Bestandteile wiederverwendet. Heute steht nicht der Preis des Materials im Zentrum, sondern die Ressourcenverfügbarkeit. Junge Architekten sollten deshalb den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen erlernen und den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes im Blick haben – bis zu seinem Rückbau. Das weckt ganz automatisch die Begeisterung, mit Holz zu bauen!
Robert Schmidlin
Zunächst absolvierte Robert Schmidlin eine Lehre als Hochbauzeichner, später studierte er Architektur an der FH in Luzern und gründete 1999 zusammen mit fünf Partnern das Büro A6 Architekten (bis heute Teilhaber). Ehe er 2003 in das Familienunternehmen Kost Holzbau AG eintrat, bildete er sich im Rahmen eines CAS im Bereich Holzbau weiter. Heute ist Robert Schmidlin Gesamtleiter der Kost-Gruppe, zu der drei eigenständige Bereiche (Holzbau, Gesamtbau und Liegenschaften) gehören. Bis 2023 war der zweifache Familienvater und begeisterte Mountainbiker zudem Präsident des VGQ, seit 2022 ist er Vorstandsmitglied von Lignum Schweiz. kost.ch