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Stand.punkt

«Für die Lignum ist die Wald- und Holzstrategie 2050 von zentraler Bedeutung»

Jakob Stark ist Präsident der Lignum und seit vielen Jahren in der Politik tätig, unter anderem vertritt er seit fünf Jahren den Kanton Thurgau im Ständerat. Im Interview spricht er mitunter über die Wald- und Holzstrategie 2050, die nächstes Jahr in Kraft tritt – und darüber, wie wichtig es ist, dass die Branchen innerhalb der Holzkette Geschlossenheit zeigen, um sich auf politischer Ebene gemeinsam erfolgreich positionieren zu können.

 Interview Susanne Lieber | Foto zVg


Herr Stark, Sie sind seit 2021 Präsident der Lignum. Woher rührt Ihr besonderes Engagement für die Holzkette und den Holzbau?
Holz ist ein genialer Werkstoff, und der Wald in seiner Vielfalt, Kraft und Ruhe hat mich seit jeher fasziniert. Daher lag es nahe, dass ich mich als Thurgauer Regierungsrat und Chef des Departements für Bau und Umwelt für den Holzbau mit seinen neuen Entwicklungen und Innovationen eingesetzt habe. Und so konnte zum Beispiel für das Landwirtschaftliche Beratungszentrum im Arenenberg ein viergeschossiger Holzbau erstellt werden. Auch für den Erweiterungsbau des Regierungsgebäudes in Frauenfeld, der gerade in Holz erstellt wird, konnte ich die Weichen mit einer entsprechenden Wettbewerbsgrundlage stellen. Da mir zudem auch das Forstamt unterstellt war, hatte ich auch einen guten Einblick in die Wald- und Forstpolitik.

Als Lignum-Präsident müssen Sie die Belange der gesamten Holzkette im Blick haben und diese auf politischer Ebene vertreten. Was ist dabei die grösste Herausforderung?
Die grösste Herausforderung und zugleich die schönste Aufgabe für mich ist das Erreichen von Geschlossenheit und Einigkeit in der Holzkette. Die Interessen von Holzproduzenten, Holzverarbeitern, Holzbauern, Schreinern oder Holzhändlern sind nicht bei jedem Thema einfach deckungsgleich. Da sind Offenheit, Vertrauen, Kenntnisse und gute Gespräche nötig, damit sich die Holzkette in wichtigen Fragen gemeinsam positionieren kann. Wenn uns das gelingt, so sind die Chancen gross, den Anliegen der Holzkette die berechtigte Geltung zu verschaffen.

Stossen die Themen Holzkette und Holzbau auf Ständerats- und Nationalratsebene auf unterschiedlich grosses Interesse?
Grundsätzlich stelle ich fest, dass die Sympathie für Wald und Holz in beiden Räten sehr gross ist. Den Anliegen der Wald- und Holzwirtschaft stehen dabei eher die bürgerliche Seite und der Ständerat näher. Für die grüne und linke Seite überzeugt der Wald vor allem als wichtiges Ökosystem und Holz durch seine hervorragenden Klimaeigenschaften. Im Nationalrat kommt in Holzfragen zwischendurch eher Gegenwind auf. So zum Beispiel in der letzten Session bei der Zusatzfinanzierung von 100 Millionen Franken für die Waldpflege in den nächsten vier Jahren, die dann auf 70 Millionen Franken gekürzt wurde. Im Nationalrat wird ab und zu auch eine gewisse Material- beziehungsweise Branchenrivalität zwischen Holz, Beton oder Stahl sichtbar, die ich persönlich unnötig finde, weil die Zukunft des innovativen Bauens den Einsatz aller Baustoffe und deren Zusammen­arbeit braucht.

Ab 2025 tritt die Wald- und Holzstrategie 2050, deren Erarbeitung 2022 vom Bundesrat in Auftrag gegeben wurde, in Kraft. Was genau umfasst diese Strategie?

Sie löst die zwei bisherigen Instrumente «Ressourcenpolitik Holz» (mit den mehrjährigen Aktionsplänen Holz) sowie die «Waldpolitik des Bundesrates» (mit den entsprechenden mehrjährigen Massnahmenplänen) ab. Für die Lignum ist die Wald- und Holzstrategie 2050 von zentraler Bedeutung, weil damit die staatlichen Rahmenbedingungen auf Jahrzehnte hinaus gesetzt werden. Entsprechend haben wir uns auf der ganzen Breite intensiv eingebracht. Ein sehr wichtiges Ziel ist es, die Holzernte in den Schweizer Wäldern zu erhöhen, vorerst um mindestens eine Million Kubikmeter pro Jahr. Dafür brauchen die Waldeigentümer und -bewirtschafter preisliche Anreize, weil sonst das Schweizer Holz gegenüber dem billigen ausländischen Holz oft nicht konkurrenzfähig ist. Wir möchten, dass die öffentlichen Mittel, die in den Wald fliessen, vermehrt an die Holzernte geknüpft werden – damit unsere Wälder nicht überaltern, ihre Schutzwaldfunktion erhalten bleibt und das CO2 im verarbeiteten und verbauten Holz langfristig gespeichert bleibt. Eine grös­sere Schweizer Holzernte ist auch positiv für die hiesige Holzindustrie, deren Ausbau ebenfalls ein wichtiges Ziel von Lignum ist.

Ihre Amtsperio­de als Präsident der Lignum endet 2025. Werden Sie erneut kandidieren?

Ja, gerne und mit Überzeugung.

Jakob Stark

Seine berufliche Laufbahn startete Jakob Stark (*1958 in Frauenfeld) an der Universität Zürich 
mit einem Studium der Allgemeinen Geschich­te, Volkswirtschaft und Publizistik. Als promovierter Historiker stieg er im Alter von 30 Jahren in die Politik ein – zunächst als Ortsvorsteher in Buhwil, wo er auch noch heute mit seiner Familie lebt. Seitdem war er unter an­derem als Gemeinde­ammann von Kradolf-Schönenberg und als Regierungsrat im Kanton Thurgau tätig, davon sechs Jahre als Chef des Departements für 
Bau und Umwelt. Seit 2019 vertritt er den Kanton Thurgau im Ständerat (u. a. für die Bereiche Finanz­kommission, Kommission für Umwelt, Raum­planung und Energie) und amtet seit 2021 als Präsident der Lignum Holzwirtschaft Schweiz. 
lignum.ch, parlament.ch, jakob-stark.ch

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